Dienstag, 26. Oktober 2010

Der Zeitungsartikel:

Toleranz auf vier Rollen
Wie sich Jugendliche aus Nienburg für einen neuen Skatepark engagieren
Schon seit längerem setzen sich Nienburgs Skater für einen neuen Skatepark ein. Denn die Zukunft der alten Skateanlage am Hallenbad ist ungewiss. Den Planungen der Stadt zufolge könnten die Rampen dort nämlich bald abgerissen werden, damit das Hallenbad dort zum Ganzjahresbad ausgebaut werden kann. Selbst wenn das Hallenbad nicht ausgebaut werden sollte, lohnt sich eine Reparatur der alten Rampen wohl kaum. An den Rampen sind die Spuren der Zeit nicht zu übersehen und sie wurden schon einmal repariert. Deshalb lassen die skatenden Jugendlichen auch nicht locker.
Vor zwei Jahren wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Begegnungszentrum Sprotte in der Lehmwandlung das Projekt „BeToN - Bewegende Toleranz Nienburg“ gegründet. 2008 begann die Planung eines Projektes. Die Nienburger Skategruppe „Rollapfel“ war maßgeblich daran beteiligt. Barbara Weissenborn, Vereins-Vorsitzende vom Sprotte und Frau hinter dem Projekt hat das Engagement und den Willen der Jugendlichen von Anfang an gesehen und unterstützt sie seitdem tatkräftig. „Das Projekt ist wichtig für Nienburgs Jugendliche. Die Ideen der Jugendlichen sind gut, doch es bedarf auch der richtigen Organisation und Planung. Das ist für Jugendliche allein schwer zu meistern“, sagt Frau Weissenborn. Die Projektgruppe bewarb sich für verschiedene Förderungsmittel und fand in Lennie Burmeister einen prominenten Projektleiter. Der gebürtige Kreis Nienburger skatet seit seiner Kindheit und zählt heute zu den bekanntesten Skatern Deutschlands. Hannes Schwessinger (18) aus Nienburg war von Anfang an beim Projekt dabei. „Lennie hat schon mehrere Skateparks in Deutschland konstruiert und weiß genau welche Art von Rampen sowohl für Anfänger, als auch für Fortgeschrittene und Profis gut zu fahren sind“, so der Skater. Es stellte sich bei den Planungen heraus, dass ein Betonpark am meisten Sinn mache, da dort das Verletzungsrisiko und der Geräuschpegel am geringsten seien. 
Als Nebenprojekt ist der Skateboard-Unterricht für Kinder und Jugendliche entstanden. Jeden Mittwoch geben Jugendlichen aus der Projektgruppe von 16.00 bis 17.00 und von 17.00 bis 18.00 Uhr beim Sprotte Begegnungszentrum kostenlosen Skateboard-Unterricht für Anfänger und Fortgeschrittene. Hannes skatet selbst schon seit seiner Kindheit und gibt nun sein Können an Kleinere weiter. „Die Resonanz ist groß. Teilweise kommen die Kinder zu zwanzigst“, sagt Hannes: „Die haben wirklich Bock drauf und fahren auch schon nicht schlecht“. Dabei wird auch die Integration gefördert. Kinder und Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund fahren ganz selbstverständlich nebeneinander auf ihren Rollbrettern. Und falls mal einer hinfällt, hilft der eine dem anderen wieder auf die Beine. Jeihan Terlo (8) und Jaques Dönmez (11) aus Nienburg sind jeden Mittwoch dabei. „Skaten ist toll und macht Spaß. Es ist cool, wenn man übt und es später dann klappt. Vielleicht kann ich bald auch schon ein paar Tricks machen“, sagt Jeihan. Jaques mag das Freizeitangebot ebenfalls: „Das ist eine gute Sache die man lernt! Vor ein paar Wochen konnte ich noch nicht mal richtig auf einem Skateboard stehen. Aber jetzt kann ich schon gut fahren. Ich will mir bald auch selbst ein Skateboard kaufen“. Zurzeit wird noch auf drei mobilen Rampen geskatet, die im Rahmen des Projektes entstanden sind. Der Skateboard-Unterricht ist  schon seit knapp eineinhalb Jahren ein beliebtes Freizeitangebot von vielen Kindern aus der Lehmwandlung und ganz Nienburg. 
Mittlerweile hat die Projektgruppe zu einer Gruppe von Skatern in Hannover Kontakt aufgenommen. Die Jugendlichen dort haben ebenfalls einen Skatepark in Eigeninitiative errichtet. „Die Jungs haben schon Erfahrung damit gemacht, einen solchen Skatepark aus Beton zu bauen. Wir werden uns bald mit Ihnen treffen. Sie werden uns mit Sicherheit sagen können, was man alles bei einem solchen Bau beachten muss und außerdem welche Kosten dabei entstehen könnten“, meint Hannes. Das Kostenkonzept für den Nienburger Park muss gerade noch einmal überarbeitet werden, da man sich darauf geeinigt hat, den Park in Modulen aufzubauen. Das heißt, man errichtet den Park Stück für Stück. So muss der Park nicht auf ein Mal finanziert werden, sondern die Kosten verteilen sich auf eine größere Zeitspanne.
 In der letzten Sitzung des Ausschuss für Jugend, Soziales und Sport einigten sich die Mitglieder auf einen Standort in der Lehmwandlung. Nun wird geprüft, ob der Skatepark neben der dortigen Freizeitfläche  gebaut werden kann. Denn in der Lehmwandlung wären  zusätzlichen Zuschüsse zur Finanzierung des Projektes durch das Bund/Lander-Programm „Soziale Stadt“ möglich. Frau Weissenborn sagt: „Wichtig war für uns zunächst der Standort. Jetzt können wir weiter planen und hoffen, dass wir bald anfangen können das erste Modul zu bauen. So ist es für uns auch leichter, Sponsoren zu werben, denn wir haben jetzt etwas festes in der Hand“. 
Sponsoren ließen sich bald womöglich noch einfacher finden. Denn das Projekt wurde vor kurzem für den Elisabeth-Weinberg-Preis nominiert. Der Preis wird jährlich vom „Runden Tisch Gegen Rechts“ an Jugendliche verliehen, die sich besonders gegen Faschismus, Antisemitismus und Ausgrenzung und für ein friedliches Miteinander einsetzen. Das Skate-Projekt passt gut in dieses Konzept. Und man wird sehen, ob die Jugendlichen bald für ihr Engagement sogar ausgezeichnet werden.
Morten Luchtmann
Kommentar
Warum wir einen neuen Skatepark in Nienburg brauchen
Jugendliche aus Nienburg setzen sich für den neuen Skatepark ein. Aber braucht Nienburg überhaupt diesen Skatepark? Die Antwort ist: Ja, Nienburg braucht diesen Skateplatz und zwar aus mehreren Gründen.
  1. Wir brauchen einen Skatepark, weil wir sowohl direkt in Nienburg, wie auch im ganzen Landkreis genügend junge Leute haben die Skaten als Hobby und Teil ihrer Freizeit sehen. Das wird nicht nur durch die tägliche Nutzung der Skateanlage am Hallenbad deutlich, sondern auch um die 100 Unterschriften, die die lokale Skategruppe „Rollapfel“ vor ca. zwei Jahren mal gesammelt hat. Seitdem das BeToN-Projekt ins Leben gerufen wurde ist die Nachfrage von Jugendlichen aus der Gegend sogar noch angestiegen. Wer sich Einblicke ins Skaten der hiesigen Jugendliche verschaffen will findet unter www.rollapfel.de ein Vielzahl von selbst gedrehten und selbst geschnittenen Skatevideos. Und Nienburgs Skateszene besteht nicht erst seit einigen Jahren. Lennie Burmeister aus Wietzen, Tjark Thielker aus Penningsehl, Carsten Benecker aus Lemke und Paco Elles aus Steyerberg sind hier in Nienburg nicht allzu bekannt. Skatern aus ganz Deutschland sind diese Namen aber geläufig, weil sie von großen Skatemarken wie Nike SB, Trap, DVS oder Cleptomanicx gesponsort werden, in sämtlichen Skatevideos mitfahren und zu den bekanntesten deutschen Skatern zählen. Und sie haben alle ihren Ursprung im Landkreis Nienburg. Und die alte Skateanlage neigt sich dem Ende zu. Wird sie nicht im Zuge des Umbaus des Hallenbads abgerissen, wird sie wohl im Laufe der Zeit bald den Geist aufgeben. Denn die Holzrampen sind ständig der Witterung ausgesetzt und das merkt man ihnen auch an. Sie wurden zwar in der Vergangenheit schon mal repariert, doch ist das kein Konzept auf Dauer oder für die Zukunft. Denn je beschädigter die Rampen sind, desto höher ist auch das Verletzungsrisiko.
  2. Wir brauchen den neuen Skatepark, damit ein Freizeitaktivität für Jugendliche erhalten bleibt. Nienburgs Jugendliche vermissen an Nienburg, dass es zu wenig Angebote für sie gibt. Mit dem Skatepark würde ein attraktives Freizeitangebot dazu kommen. Zum Skaten braucht man nicht viel: Ein Skateboard, einen Helm und einen Platz zum Skaten. Damit die Jugendlichen nicht an irgendwelchen Stufen, Geländern oder sonstigen Plätzen skaten, brauchen sie einen Platz wo es ihnen erlaubt ist sich auszutoben. Denn Skaten ist genauso ein Freizeitsport wie z. B. Fußball. Anders als beim Fußball oder bei anderen Breitensportarten ist das Skaten jedoch frei von Spielregeln, Trainingszeiten oder anderen „Zwängen“. Außerdem kann man beim Skaten ohne jegliche Konkurrenzgedanken voneinander lernen.
  3. Wir brauchen diesen Skatepark in der Lehmwandlung, damit wir ein Zeichen in Sachen Integration setzen. Zurzeit ist die Integrationsdebatte in Deutschland angeregt, wie lange nicht. Angestoßen durch Thilo Sarrazin fragen sich viele Menschen wie man die Situation von Migranten in Deutschland verbessern könnte. Der Skatepark in der Lehmwandlung fördert Begegnungen zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund.Er schafft ein sportliches Freizeitangebot mit dem man seine Aggressionen abbauen kann und welches zudem ein friedliches Miteinander unterstützt.
  4. Wir brauchen außerdem den BeToN - Park, als Zeichen dafür, dass Jugendliche auch wirklich etwas erreichen können, wenn sie sich engagieren. Wie oft hört man, dass Jugendliche sich mehr engagieren oder sich für eine Sache stark machen sollen. Haben junge Menschen dann mal ein Anliegen und tragen es den lokalen Politikern vor, werden sie meist für ihr Engagement gelobt, vertröstet und dann abgesägt. Aber ein Projekt mit einer guten Idee und der richtigen Unterstützung, was zudem von Jugendlichen erarbeitet ist lohnt es sich umzusetzen. Denn man muss sich nicht wundern, dass Jugendliche keinen Ansporn entwickeln sich für etwas einzusetzen, wenn es sowieso nicht erhört wird. Ein Projekt mit gutem Konzept wie dieses, würde den Jugendlichen zeigen, dass es auch anders geht.
Aus diesen Gründen sollte man das BeToN-Projekt unterstützen und nicht wie so oft einfach unter den Tisch kehren. 
Morten Luchtmann

1 Kommentar:

  1. Danke!
    Feiner Artikel, und Mortens Kommentar begeistert mich regelrecht!
    Damit scheints jetzt wohl richtig los zu gehen!
    Hier in Ghana siehts mit einem Skatepark auch sehr gut aus! (siehe blog!)
    Gruesse aus dem angenehm warmen Ghana!

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